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Baugeschichte

Baugeschichte unserer Schule

von K. Friedrichs-Tuchenhagen,
entnommen aus der Jahresschrift 1997

--> Das Berger’sche Haus

--> Eckhaus Auguststraße/Haareneschstraße

--> Der heutige Altbau

--> Der nicht umgesetzte Entwurf 477

--> Der umgesetzte Entwurf

--> Der Neubau

--> Literatur

 

Das Berger’sche Haus

Am 3. Mai 1888 wurde die Höhere Töchterschule der Kongregation der Schwestern Unserer Lieben Frau (U. L. F.) in Oldenburg eröffnet. Als Schulhaus diente zunächst das wohl nach seinem Erbauer so genannte Berger’sche Haus an der Auguststraße 29, welches auf dem Gelände des heutigen Altbaus stand und über das keine Unterlagen mehr aufzufinden sind, da es noch am Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde.

 

Eckhaus Auguststraße/Haareneschstraße

Da die Räumlichkeiten bald nicht mehr ausreichten, zog die Schule sieben Jahre später in das Eckhaus Auguststraße/Haareneschstraße mit der Adresse Haareneschstraße 2, später 1, welches der Orden durch Kauf erworben hatte. Dieses Gebäude wurde 1852 erbaut und gehört somit zu den ältesten erhaltenen Gebäuden im Haareneschviertel, mit Sicherheit ist es das älteste erhaltene Giebelhaus in diesem Stadtteil. (1)

Die Bebauung hatte zu diesem Zeitpunkt gerade begonnen, die August- und Haareneschstraße waren soeben angelegt, aus ehemaligen Feldwegen entstanden: „Die in den dreißiger und vierziger Jahren allmählich, forcierter dann ab den sechziger Jahren des 19. Jh. einsetzende Wohnhausbebauung des Haareneschviertels breitete sich an den durch das Garten- und Weidegelände führenden Wegen aus, die nach und nach zu Straßen ausgebaut wurden und ein unregelmäßiges Wegenetz ergaben. (...) Die 1849 angelegte Auguststraße, die nach Norden von der Ofener Straße abzweigt, bildete die Vertikalachse, an der sich auch die später projektierten Straßen ausrichten sollten. Sie reichte zunächst nur bis zur Haareneschstraße, die ab 1851 bebaut wurde, wurde 1866 bis zur Ziegelhofstraße verlängert.” (2)

Der Bauherr des späteren Schulgebäudes war ein gewisser Johann Tebben, von Beruf Kammerrevisor (3). Er war es auch, der am 13. 7. 1858 den Antrag für den Bau eines Stallgebäudes stellte, des Gebäudeteils, in dem sich heute der Raum W001 befindet. Im Brandkassenregister findet sich dann ab 1874 als Besitzer Heinrich Desters und seit 1889 Kurt Adolf Wilhelm Hans Theodor von Parvel, von dem das Haus vermutlich in den Besitz des Ordens überging.

Bei dem Gebäude handelt es sich um ein frühes erhaltenes Beispiel des Oldenburger Giebelhauses. Es ist ein eingeschossiger vierachsiger verputzter Massivbau mit hellem Anstrich auf einem Souterraingeschoß. Unter einem Satteldach befindet sich ein ausgebautes Drempelgeschoß. Auf der nördlichen Längsseite befindet sich der aus der Gebäudeflucht zurückversetzte Erschließungstrakt. Der Eingangsbereich zeigt noch die zeitgenössische zweiflügelige Eingangstür mit vorgelegter Treppe. Geschoßtrennende Gesimse sind um die Ecken gezogen, Fenster- und Türrahmungen profiliert, die Fenster im Hochparterre horizontal verdacht. Am gesamten Gebäude findet sich keinerlei Stuckdekor, wie es für die frühe, klassizistisch schlichte Form der sog. „Hundehütte” durchaus üblich ist (Abb. 1). Leider erhielt das Gebäude bei einer Renovierung 1995/96 nicht die originalen achtfeldrigen Holzsprossen-, sondern Kunststoffenster mit innenliegenden Sprossen. Eine Variante dieses Typs, allerdings von 1866, steht ganz in Nähe an der Zeughausstraße 36, Ecke Holtzinger Straße.


Der heutige Altbau

Im Laufe des Jahres 1903 kauften die Schwestern dann ein Grundstück südlich des bislang benutzen Gebäudes mit der Adresse Auguststraße 31, um dort einen Schulneubau zu errichten. Die Schülerzahl war mittlerweile auf über 100 angestiegen und die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und wohl auch das Bedürfnis, die Schule zu erweitern, legten diesen Schritt nahe. Zum Beginn des Wintersemesters 1904/05 wurde der Bau feierlich eingeweiht.

Der heute „Altbau” genannte Neubau wurde von der damaligen Oberin, Schwester Theophora, die auch in den Bauakten als Bauherrin auftritt (4), in Auftrag gegeben und im August 1903 von einem nicht aus Oldenburg stammenden Architekten namens Flügel als „Katholische Töchter-Schule in Oldenburg” geplant, wie die Unterschrift „VIII/03. Flügel” rechts unten auf dem Entwurfsplan verrät (Abb. 2).

Der nicht umgesetzte Entwurf 477

Am 11. November 1903 wurde der Entwurf unter der Nummer 477 vom Stadtbauamt Oldenburg genehmigt (Abb. 3). Als Architekt tritt in den Bauakten aber nicht oben genannter Flügel auf, sondern der Oldenburger Architekt und Bauunternehmer A. C. Westerholt, dem wohl die Ausführung des Flügelentwurfs übertragen wurde. Dieser ursprüngliche Entwurf sieht einen schlichten, zweigeschossigen traufständigen Massivbau auf einem Souterraingeschoß vor, dessen Fassadengliederung durch Fenster verbindende Gesimse erreicht wurde und der einen rechtsseitigen Eingangsbereich aufwies, doch ist es durch nicht mehr aufzuklärende Gründe nicht zur Umsetzung dieses Entwurfes 477 gekommen.

Der umgesetzte Entwurf

Der letzte Entwurf vom Mai 1904, mit „V/04 B.” (Abb. 4) unterzeichnet (Signatur des Westerholt-Angestellten Paul Baum), zeigt einige auffällige Veränderungen (Abb. 5 und 6).

Der gesamte Eingangsbereich ist in Form eines Seitenrisalits aus der Gebäudefluchtlinie vorgezogen und von einem steilen Dachgiebel bekrönt. Das Fenster über dem Portal bleibt unverändert, darüber allerdings befindet sich eine sog. gotisierende Spitzbogenblendnische mit Zwillingsfenster und bekrönendem Vierpaß. Auf dem Scheitelpunkt des Spitzbogens ist ein mandelförmiges Fenster vorgesehen. Diese Vorstellungen wurden dem Plan gemäß umgesetzt, nicht zur Ausführung gekommen ist dagegen die gotische Kreuzblume auf der Giebelspitze (Abb. 7) und das Glasfenster mit der Mariendarstellung.

Wie es zu dieser Änderung kam, ob die Schwestern eine Architektur wünschten, die auch äußerlich den Charakter der Schule deutlich machen sollte oder ob diese Anregung vom Architekten Westerholt stammt, ist nicht mehr aufzuklären. Vielleicht ist sie angeregt durch den im zweiten Stadium vorgesehenen Dachausbau, den man an den drei Gauben erkennen kann. Die zur Ausführung gekommene Gestaltung wird in der Literatur nicht unkritisch bewertet: „(...) über zweibündigem Grundriß (...) war zuvor 1904 an der Auguststraße (Nr. 31) durch Westerholt eine private katholische Töchterschule erbaut worden. Der zweigeschossig unter einem Satteldach mit sechs rechteckigen Fensterachsen aufgeführte Bau besitzt lediglich in dem die Traufe überragenden Eckrisalit der nördlichen Außenachse eine asymmetrische Akzentuierung. Sein Obergeschoß mit spitzbogiger Blende, die ein vierpaßbekröntes Zwillingsfenster aufnimmt, verweist mit diesem anachronistisch anmutenden neugotischen Motiv aus dem sakralen Bereich auf dem konfessionsgebundenen Kontext der Schule.” (5)

Um 1980 wurden beide Gebäude unter Denkmalschutz gestellt (6). Die nächste bauliche Erweiterung erfolgte dann erst 60 Jahre später, wiederum in südlicher Richtung an der Auguststraße, auf dem Grundstück der ehemaligen Hausnummern 27 und 29.

Der Neubau

„Schwester Maria Cäcilia, die 1961 zur Hausoberin ernannt wurde (...), hat die Grundstückskäufe getätigt und mit Geschick und fester Hand die sofort beginnende Planung eines Erweiterungsbaus als ‚Bauherrin’ geleitet.” 1964 begannen die Bauarbeiten und am 20. Oktober 1965 konnte die Einweihung des heutigen Hauptgebäudes gefeiert werden. (7)

Es entstand ein zweckmäßiger, architektonisch allerdings reizloser Fertigbau ganz im Still der 60er Jahre, geplant von der Architektengemeinschaft Fischer und Klinkosch.

Ergänzung mit wiederentdeckten Fotos (2013)

Vor vielen Jahren schon überreichte mir die vielen noch bekannte und der Geschichte der Liebfrauenschule eng verbundene Schwester Cäcilia eine Zigarrenkiste mit Diapositiven. Sie sei jetzt alt und wäre dabei, Dinge zu verteilen und diese Bilder sollte ich als Kunstlehrer der Schule erhalten.
Ich nahm sie dankend an und entdeckte u.a. eine Reihe von historischen Fotografien der Liebfrauenschule, von denen hier einige abgebildet sind:
Foto 1 und 2 zeigen die  Auguststraße in Höhe der Liebfrauenschule von zwei Standpunkten aus.

Auf dem ersten Foto (01), das um 1960 von Norden aus entstanden sein muss, erkennt man das damalige Blaubasaltpflaster der Straße, vor allem aber den Zustand der Schule vor dem "Neubau", der 1964 fertiggestellt wurde. Die damaligen "Schwestern Unserer Lieben Frau" hatten vor, ihre Liebfrauenschule, die bis dahin nur aus dem 1904 eingeweihten "Altbau" bestand, unter der Leitung eben jener Schwester Cäcilia zu erweitern und versuchten erfolgreich, die beiden südlichen Grundstücke neben der Schule zu kaufen, um dort einen Neubau zu errichten.

Auf Foto 02 erkennt man von Süden aus neben dem Schulgebäude ein traufständiges eingeschossiges und ein zweigeschossiges Walmdachgebäude, die für diesen Zweck abgerissen werden sollten. Auch sieht man die in schönem Herbstlaub stehende Rotbuche, die 1998 einem Sturm zum Opfer fiel.

Auf Foto 03 sind die beiden Gebäude schon abgebrochen, die Fundamente liegen bereit zur Aufnahme des Betonskeletts für die beiden Bauteile parallel zur Auguststraße und rechtwinklig dazu. Die Gebäude auf der anderen Seite der Auguststraße existieren noch, im Haus genau gegenüber scheint früher ein kleiner Laden gewesen zu sein.

Foto 04 zeigt den Anschluss des neuen Gebäudeteils an den Altbau, der an verschiedenen Stellen Schwierigkeiten bereitete, da die Geschosshöhen unterschiedlich waren. Vermutlich entstand diese Aufnahme im Spätherbst 1963.

Auf Foto 05 erkennt man die Ansicht des in seiner ersten Stufe fertig gestellten Neubaus von der Haareneschstraße aus. Mutig waren die Fassadenstreifen weiß-blau abgesetzt, auch fehlten damals noch die erst später hinzugefügten Eckräume (heute 014, 114 und 211). Die Einweihung fand im Oktober 1965 statt und Schwester Cäcilia berichtete noch lange danach, wie stolz sie und die anderen Schwester waren, es alleine geschafft zu haben, die LFS zu vergrößern. Erst viele Jahre später geschah mit dem Bau des Sporthallengebäudes die nächste Erweiterung.

1984 kam der Turnhallenneubau an der Haareneschstraße hinzu, dem bedauerlicherweise ein wertvolles historisches Gebäude, das sog. „Hennberg’sche Haus” mit der Hausnummer Haareneschstraße 13, weichen mußte.

Anm. der Redaktion: Die Baugeschichte der Liebfrauenschule findet ihren vorläufigen Abschluß im 2001 auf dem Schulhof aufgeständerten Musikpavillon.

 

Literatur

(1)     Böker, Doris: Baudenkmale in Niedersachsen, Bd. 31, Stadt Oldenburg, Hameln 1993, S. 184
(2)     Böker, Doris: a. a. O., S. 170
(3)     Stadt Oldenburg: Brandkassenregister
(4)     Stadt Oldenburg: Denkmalkartei, 1977/78
(5)     Böker, Doris: a. a. O., S. 191
(6)     Stadt Oldenburg: Verzeichnis der Baudenkmale, Stand 21. 11. 1988, S. 6
(7)     Festschrift: 100 Jahre Liebfrauenschule Oldenburg 1988, S. 47