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25. Mai 2022

Zwischen Schwesterntracht und Minirock

Abiturjahrgang 1971 trifft sich am 21.05.2022 in der Liebfrauenschule

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Sie sitzen wieder in ihrem ehemaligen Klassenzimmer Raum 108. Sie hören aufmerksam zu, melden sich wie früher. Die Fragen sind gestochen scharf, treffen mitten ins Zentrum. Zum Beispiel: „Nach welchen Kriterien lehnen Sie Schüler ab?“ Oder: „Haben Sie auch Schülerinnen und Schüler, die nicht Christen sind?“ Die Antworten fordern den Lehrer, der sie am Samstag Vormittag durch die Schule führt, heraus. Fragen der Finanzierung der Schule, Fragen des Arbeitsrechts der Lehrer, Fragen zur Schulträgerschaft und zur Entwicklung der Schule in der Zukunft. Und zwischendurch natürlich Geschichten der Erinnerung: „Weißt du noch…?“ Ja, sie haben gesehen, wie die Schwestern das Gebäude errichteten, das heute noch immer „Neubau“ heißt. Und jeden Tag um 12 Uhr bekamen Obdachlose am damaligen Haupteingang (siehe Foto) eine Suppe gereicht.  So, wie Sie erzählen, erinnert sich auch der begleitende Lehrer (Abitur 1975). Es war eine spannungsvolle Zeit Ende der 60er Jahre in Deutschland und Europa. Beatles, Rolling Stones, Jimi Hendrix, Mini-Rock und Hippiekultur hatten längst die Welt erobert. Und in Oldenburg leiten Schwestern eine Schule, die entschieden hatten, ihren Schülerinnen das Tragen eines BH zu verbieten (sic!). Hatte man ihn angezogen, durfte man die Kapelle nicht betreten und bekamen die Eltern einen Brief nach Hause mit dem Hinweis, dass ihre Tochter ein unsittliches Kleidungsstück trägt. Zum Glück waren die Eltern so verständig, dass sie ihre Tochter geschützt haben. In den die ersten zwei oder drei Jahren ihrer Schulzeit an der Liebfrauenschule, bis Schwester Hildegard Schulleiterin wurde, durften die Schülerinnen keine lange Hose tragen, auch nicht im kältesten Winter, sondern mussten zumindest einen Rock darüber ziehen. Viele hatten ihren Rock unter ihrem Pult liegen und zogen ihn dann in der Schule über die Hose.  Vor dem Hintergrund sind Jugendliche extrem politisiert und setzen sich durch. Eine Abiturentlassungsfeier gibt es nicht. Das ist spießig. Man holt sich sein Abiturzeugnis im Sekretariat selber ab. Und doch haben die Schwestern  und die von ihnen engagierten Lehrerinnen und Lehrer Erstaunliches geleistet: Unvorbereitet auf diese konkreten Umbrüche, traumatisiert durch die Erfahrungen von Nationalsozialismus und Krieg, bringen sie doch ihre Schützlinge auf einen Weg, der sie zu eigenständigen, wachen und kritischen Geistern werden lässt, die ihr Leben und ihre berufliche Laufbahn als Lehrerin, Ärztin oder Chefsekretärin selbständig gestalten und 52 Jahre nach dem Abitur dankbar und kritisch auf ihre Schulzeit an der Liebfrauenschule blicken können. KRO

Informationen zur Baugeschichte mit historischen Fotos